Jungs sind anders, Mädchen auch. Eltern wissen das, auch wenn sie darüber nicht immer begeistert sind. Dass Jungs beim Karneval Piraten sind und Mädchen Prinzessinnen – geschenkt.
Aber wenn die Tochter täglich auf rosa Kleidchen besteht und der Sohn seine Vorbilder nur bei den wilden Kerlen sucht, kann das Eltern schon auf die Nerven gehen. Ändern lässt sich das kaum – Väter, Mütter und Pädagogen können allenfalls moderat gegensteuern. «Die Identifikation mit dem eigenen Geschlecht ist Teil der Persönlichkeitsentwicklung», sagt Ute-Birgit Klaeger, Diplom-Psychologin aus Magdeburg. «Kinder lernen schon mit 18 Monaten, dass es Männer und Frauen gibt», ergänzt Prof. Karin Flaake von der Universität Oldenburg.
«Was in einer Gesellschaft als männlich und was als weiblich gilt, verändert sich allerdings», sagt Klaeger. Dennoch gilt nach Worten von Prof. Hartmut Kasten vom Institut für Frühpädagogik in München weiterhin: «Schon im ersten Lebensjahr werden Jungen als das starke Geschlecht behandelt.»
Jungs bekommen laut Prof. Kasten weniger Fürsorglichkeit, weniger Zärtlichkeit und werden stärker motiviert, Gefühle zu verdrängen. Falsch ist daher, sie zu Härte gegen sich selbst bringen zu wollen – mit Ermahnungen wie «Reiß dich zusammen!», wenn sie Schwäche zeigen. Das ist genauso verkehrt, wie Mädchen etwa zum Ballett zu zwingen. Aus der Rolle zu fallen, ist für Jungen oft besonders schwer: «Was als weiblich verstanden wird, wird bei männlichen Jugendlichen oft als weich bekämpft», sagt Flaake.
Andererseits «weibliches» Verhalten bei Mädchen und «männliches» bei Jungen verhindern zu wollen, ist nicht realistisch. Wenn Eltern an ihrem Fünfjährigen Macho-Allüren stören, müssen sie das aber nicht hinnehmen: «Man kann schon versuchen, gegenzusteuern, aber eben nicht brachial», sagt Kasten. Der Junge kann etwa den Tipp bekommen, in der Tanzgruppe zu bleiben und nicht zum Fußball zu wechseln – falls er das will. Wenn nicht, sollten Eltern das akzeptieren.
Zum Scheitern verurteilt seien solche Versuche aber, wenn Eltern den Kindern etwas vermitteln wollen, das sie selbst nicht leben, sagt Prof. Flaake. Denn Kinder lernen durch Imitation. Jungs gucken sich beim Vater etwa ab, was der im Haushalt übernimmt. Was den Jungen oft fehlt, sind aber Männer als Rollenvorbilder überhaupt: «Väter ziehen sich aus der Betreuung der Kinder sehr schnell zurück, wenn sie merken, wie anstrengend das ist», sagt Prof. Kasten.
Ihr Rollenbild suchen sie sich dann im Kino, im Internet oder in Computerspielen. Und das dort vermittelte Männerbild ist oft primitiv und traditionell: «Da zählen überwiegend Kraft, Gewaltbereitschaft und Gefühlskälte als positive Eigenschaften, um zu fragwürdigen Erfolgen zu kommen», sagt der Hamburger Lehrer Frank Beuster.
Kindern sollte gerade mehr Vielfalt beim eigenen Rollenverständnis vermittelt werden: «Jungen und Mädchen sind nicht wie Schwarz und Weiß», sagt Beuster. «Je mehr Farben es auf der Palette für beide gibt, umso besser ist es.»