Die Behandlung chronischer Wunden z.B. Druckgeschwüre (Dekubitus) oder Geschwür am Unterschenkel (Ulcus cruris) erfordert eine professionelle Wundversorgung durch Ärzte und Pflegefachkräfte.
Modernes Wundversorgungsmaterial kann hier helfen, wenn es richtig und bedarfsgerecht eingesetzt wird.
Die Wundbehandlung erfolgt in mehren geplanten Schritten:
1. Ursachen erkennen und abstellen
Druckgeschwüre (Dekubitus)
Ulcus cruris („offenes Bein“)
2. Wunde reinigen
Grundsätzlich kann eine Wunde erst dann begutachtet werden, wenn sie gereinigt ist. Eine chronische Wunde reinigt man mit physiologischer Kochsalzlösung oder mit Ringerlösung von Außen nach Innen, um eine Keimverschleppung zu verhindern.
Nekrosen (abgestorbene Haut) sind schwarz, es können Entzündungen unter ihnen sein und sie verhindern eine Begutachtung der eigentlichen Wunde; darum müssen sie entfernt werden.
(Nekrose vor Abtragung)
Nekrosen kann man durch 3 verschiedene Verfahren entfernen:
- Chirurgisch:
Der Arzt betäubt das Gebiet und schneidet das abgestorbene Gewebe aus. Hierbei besteht die Gefahr, dass auch gesundes Hautgewebe zerstört wird, der Patient hat oft anschließend Schmerzen. - Enzymatisch
Es wird eine Salbe aufgetragen, die die Nekrose auflöst (z.B. Fibrulan(®),
Iroxol°N (®) oder Novoxol® und andere.) - Hydrolytisch
Es wird ein Aquagel aufgetragen, welches nur die Auflösung der Nekrose unterstützt (z.B.Nu-Gel ®, Intrasite Gel ®), gesundes Hautgewebe wird nicht geschädigt.
3. die Wunde behandeln
Wenn die Wunde nach Nekrosenabtragung zu sehen ist, beurteilt man die Wunde zunächst ob sie infiziert ist oder nicht.
Bei infizierten Wunden sieht man die Entzündungszeichen: Rötung/Schwellung der Wundränder, Eiterbelag (vor der Wundreinigung), Wundschmerz und Überhitzung der Wunde. Der Patient kann auch Fieber haben. Durch einen Wundabstrich können die Keime identifiziert werden.
Eiter auf der Wunde unterscheidet sich von Fibrinbelägen, da er ist durch die Wundreinigung einfacher zu entfernen ist.
Eine infizierte Wunde kann folgendermaßen behandelt werden, auch Kombinationen der unten beschriebenen Behandlungsmethoden sind möglich:
- Durch Auftragen von antibiotisch wirkender Salben, Puder oder Kegel (z.B. Leukase (®), Nebacetin (®) (Nachteil: nicht bewiesene Wirkung, Förderung von Resistenzen gegen Antibiotika).
- Durch Auftragen von Desinfektionsmitteln (z.B. Mercurchrom Lösung(®), Jodlösungen) Nachteil: Einbringen von z.B. Schwermetallen oder Jod in den Körper, Begutachtung der Wunde wegen gefärbter Lösungen nicht mehr möglich. Jodlösungen können bei Jodallergie nicht angewendet werden..
- Durch systemische (Tabletten oder Infusionen) Antibiotikabehandlung (z.B. Penicellin (®) , Gentamycin(®) u.a. ) Bei schweren Infektionen erforderlich. Nachteil: Förderung von Resistenzen gegen Antibiotika, Nebenwirkungen, Allergien.
- Behandlung mit antibakteriellen Kohlekompressen (z.B. Aktisorb-Silver 200® Acticoat®) Die Kohle auf den Kompressen bindet die Bakterien, das Silber in den Kompressen tötet die Keime ab.
Behandlung von Wundtaschen und tiefen Wunden
Eine Wunde muss immer von innen nach Außen heilen. Wenn sich die Haut über einer Wunde schließt, bevor die Wundheilung abgeheilt ist, muss mit anschließenden Infektionen und Wiederaufreißen der Wunde gerechnet werden.
Tiefe Wunden und Taschen sollten darum austamponiert werden, wobei darauf zu achten ist, dass die Tamponade selber keinen Druck in der Wunde erzeugt. Weil sterile Kompressen keine Wirkung haben und bei deren Entfernung frisch granuliertes Gewebe mitentfernt wird, sollten z.B. Alginattamponaden verwendet werden, die die Granulation vorantreiben und sich entfernen lassen, ohne die Wunde zu schädigen. (z.B. Trionic ®, AlgiSite®)
Wundmilieu
Heute weiß man, dass die lang andauernde Wunden dazu neigen, erhöhte körpereigene Enzyme zu bilden, die die Wundheilung stören (sogenannte Proteasen).
Eine erhöhte Proteasenkonzentration in der Wunde zerstört die Heilungsfaktoren der Wunde. Solche Wunden sollten mit einer enzymatischen Wundauflage behandelt werden, die das Wundmilieu positiv beeinflussen.
Wundabdeckung
Die Abdeckung der Wunde dient dem Schutz der Haut. Dafür soll nach Möglichkeit die Abdeckung weitgends Aufgaben der Haut übernehmen (Schutz vor chemischen, thermischen Einflüssen, Temperaturregulierung u.s.w). Damit keine Keime in die Wunde gelangen können, muss die Wundabdeckung steril sein. Außerdem soll sie möglichst viel Wundsekret aufnehmen können und dabei die Wunde in einem feuchten Zustand halten, denn feuchte Wunden heilen besser.
Die Wundabdeckung mit einfachen Kompressen kann diese Anforderung nicht erfüllen. Die Abdeckung mit Hydropolymer-Komplettverbänden (z.B. Tielle Allevyn®) sorgt für ein optimales Wundheilungsmilieu, wobei in der Wunde die erforderliche Restfeuchte erhalten bleibt. Bei nicht infizierten Wunden können diese Verbände bis zu 7 Tagen auf der Wunde verbleiben und so werden dem Patienten und der Pflegeperson Wundversorgungen erspart.
Damit der Wundverband nicht mit der Wunde verklebt, können nicht haftende, wirkstofffreie, feuchte Wundverbände auf die Wunde gelegt werden.
4. Evaluation
Wichtig bei der Wundversorgung ist, sich kleine Nahziele zu setzen und diese nach Ablauf der Zielzeit zu überprüfen. Eine Wunde braucht ihre Zeit, um zu heilen.
Nahziele der Wundversorgung sind:
- Die Ursachen der Wundentstehung werden unverzüglich beseitigt
- Einstellung des Diabetes mellitus
- Druckentlastung durch Lagerung
- Die Nekrosen sind innerhalb von 8 Tagen abgetragen.
- Die Infektion der Wunde ist nach 10 Tagen abgeklungen.
- Die Heilung der Wunde erfolgt von Innen nach Außen.
- Die Granulation der Wunde wird nicht durch jede Wundversorgung gestört.
- Überschüssiges Wundsekret wird aus der Wunde entfernt und aufgenommen, der Körper ist durch den Wundverband geschützt.
- Die Proteasenkonzentration in der Wunde ist nach 4 Wochen der Behandlung auf einem der Wundheilung nicht mehr schädlichem Niveau gesunken.