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Die Verhütung mit hormonellen Methoden wie der Pille, Nuvaring (Verhütungsring) oder Implanon stellt immer einen erheblichen Eingriff in den weiblichen Körper dar. Es kommt zu vielen nicht zu vernachlässigenden und schwerwiegenden Nebenwirkungen. Dadurch entsteht bei vielen Frauen der Wunsch, auf Hormone zu verzichten und auf ganz natürliche Weise zu verhüten. Die genaue Kenntnis der Körpervorgänge während des Zyklus und Wahrnehmung der fruchtbaren Tage (Awareness of fertility) führt zu einem veränderten Selbstbewußtsein der Frau.
Viele Paare jahrelang auf die Erfüllung des Kinderwunschs. Durch die genaue Kenntniss der Körpervorgänge und Körperzeichen im Zyklus der Frau kann eine gezielte Familienplanung vorgenommen werden oder aber auch krankhafte Störungen im Ablauf ( kein Eisprung, zu kurze Gelbkörperphase) festgestellt werden.
Grundlagen
Am Anfang des weiblichen Zyklus steht immer die Menstruationsblutung. Sie kann bei jeder Frau unterschiedlich lang dauern. Danach beginnt der Körper der Frau sich langsam auf den Eisprung vorzubereiten. Der Follikel (das Ei-Bläschen) beginnt zu wachsen.
Die Zervix (der Gebärmutterhals) nimmt die Produktion des Zervixschleims (Fruchtbarkeitsschleim) auf. Das LH (lutheinisierendes Hormon) beginnt anzusteigen und erreicht kurz vor dem Eisprung seinen höchsten Wert (dies ist mit sogenannten LH Tests im Urin nachweisbar). Außerdem steigt der Östrogenspiegel permanent an. Am Tag des Eisprungs ist der Östrogenspiegel sehr hoch und der Zervixschleim wird immer flüssiger und klarer. Der Zervixschleim ist dazu da, den Spermien in der Scheide das Überleben zu ermöglichen. Er schützt sie vor dem schädlichen Scheidenklima. Durch den hohen Östrogenspiegel ist sehr viel Wasser eingelagert und der Schleim ist klar und zieht lange Fäden (bis zu 8cm spinnbar). Das Östrogen erhöht auch den PH Wert in der Scheide, so dass die Scheidenflora vom spermienfeindlichen sauren Millieu zum basischen wechselt. Oft wird rund um den Eisprung von der Frau auch ein gewisses Ziehen oder sogar Schmerzen in der unteren Bauchgegend wahrgenommen. Das bezeichnet man als Mittelschmerz.
Ist der Eisprung erfolgt, wandelt sich das leere Ei-Bläschen (Follikel) in den Gelbkörper um und beginnt Progesteron zu produzieren. Dies lockert die Gebärmutterschleimhaut auf, der Körper macht sich bereit, eine befruchtete Eizelle aufzunehmen. Das Progesteron führt außerdem zu einer Erhöhung der Körpertemperatur um 0.2-0.5 Grad C. Mit einem genauen Thermometer kann man daher diese Temperaturänderung in der Aufwachtemperatur der Frau feststellen. Am Zyklusende stirbt der Gelbkörper langsam ab, falls die Eizelle nicht befruchtet wurde. Die Temperatur fällt wieder und die Menstruationsblutung setzt ein. Ein neuer Zyklus beginnt.
Sicherheit
Wie sicher ist nfp? Was tun in der fruchtbaren Zeit
Wenn man sich strikt an die Regeln hält, ist die Schwangerschaftsrate äußerst gering und NFP damit genauso sicher wie die Pille. Bei der seit 1984 an der Universität Düsseldorf zu dieser Methode laufenden Sicherheitsstudie wurden bisher bei 14870 Zyklen nur 3 unbeabsichtigte Schwangerschaften festgestellt, die auf das Versagen der Methode zurückzuführen sind. Das entspricht einer Methodensicherheit von 0,26 (Pearl-Index). Damit liegt die Sicherheit der sympto-thermalen Methode bei richtigem Gebrauch zwischen Pille und Spirale. Alle drei Schwangerschaften entstanden durch Verkehr in der durch die Methode definierten unfruchtbaren Phase am Zyklusanfang (Tag 5). Das ist auch der Grund, warum manche Paare, die eine Methodensicherheit wünschen, die an die Null heranreicht, ihren Verkehr auf die unfruchtbare Zeit nach dem Eisprung beschränken.
Zu Beachten für eine sichere Anwendung:
- Einhalten der Regeln
- Motivation der Partner (Kinderwunsch: ja oder nein)
- Richtige Auswertung der Zyklen
- Gute Beratung
Die Sicherheit von NFP hängt in hohem Maße vom Verhalten des Paares ab. Die meisten unbeabsichtigten Schwangerschaften entstehen dadurch, dass man sich nicht an die Regeln hält oder mal was „riskiert“ in der eigentlich als fruchtbar definierten Zeit. Dies bezeichnet man als Gebrauchssicherheit. Sie liegt bei der Symptothermalen Methode bei einem Pearl Index von etwa 2.2. Forscht man etwas genauer nach, ergibt sich dabei aber vor allem ein Zusammenhang zwischen latentem Kinderwunsch (bei Hausfrauen z.B. „ein Kind wäre nicht so schlimm“) und Verhütungsmotivation. D.h. ist frau bereit, eine Schwangerschaft in Kauf zu nehmen, „schludert“ frau auch eher mit der Auswertung. In der Hochlage der Temperatur nach dem Eisprung ist die Empfängniswahrscheinlichkeit gleich Null. Es ist in den bisherigen Studien nie zu einer Schwangerschaft in diesem Abschnitt des Zyklus gekommen. Wenn frau die fruchtbare Zeit richtig bestimmt, ist die Methode sehr, sehr sicher.
Verhütungscomputer
Während unsere Mütter noch bei NFP auf Bleistift, Zyklusblatt und Fieberthermometer angewiesen waren, gibt es seit einigen Jahren auch kleine Computer mit integrierter Thermosonde oder auf Hormontestbasis, die uns die Auswertung abnehmen sollen. Aber sind diese Computer wirklich besser? Eine Veröffentlichung der Stiftung Warentest aus dem Jahr 2000 kommt zu dem Schluss, dass eine gut ausgebildete NFP Anwenderin mit Bleistift und Zyklusblatt immer noch die besten und sichersten Ergebnisse erzielt. Nicht zu übersehen ist natürlich auch der hohe Kostenfaktor, den die Anschaffung eines Verhütungscomputers mit sich bringt.
Für wen geeignet?
Wer kann NFP machen?
NFP eignet sich grundsätzlich für jede Frau. Selbst sehr junge Frauen kurz nach der Pubertät oder ältere Frauen kurz vor den Wechseljahren können mit Hilfe der Temperaturmessung und der Schleimbeobachtung wertvolle Hinweise auf das aktuelle Zyklusgeschehen bekommen. NFP setzt jedoch voraus, dass die Frau gewillt ist, sich mit dem eigenen Geschehen im Körper zu beschäftigen. Das erfordert ein gewisses Maß an Disziplin und Lernwillen. Auch Geduld ist bei NFP gefordert. Vor allem nach der Pilleneinahme dauert es einige Monate, bevor sich der Zyklus wieder normalisiert. Zykluslängen von bis zu 138 Tagen sind beobachtet worden. Der Körper kann bis zu 9 Monate brauchen, bis er sich wieder auf einen normalen Zyklus eingependelt hat und alle in den Fettzellen gespeicherten Hormone der Pille oder anderer hormoneller Verhütungsmittel wieder ausgeschieden hat. Eine wichtige Vorraussetzung für NFP ist das Einverständnis des Partners. Denn er muss in der fruchtbaren Zeit damit einverstanden sein, entweder zu verzichten oder mit Barrieremethoden zu verhüten. Aber auch bei Frauen ohne geregelte Partnerschaft kann man NFP nur empfehlen! In Zeiten von wieder rapide zunehmenden Neuinfektionen von HIV, Syphillis oder Hepatitis sollte keine Frau bei wechselnden Männerbekanntschaften auf die Anwendung eines Kondoms verzichten. Erst nach längerem Kennen lernen und wenn beide Partner gesund sind, kann man auf Kondome in der unfruchtbaren Zeit verzichten.
Muss man einen geregelten Tagesablauf für NFP haben?
Definitiv NEIN! Aus eigener Erfahrung kann man sagen, dass sich NFP auch für Frauen mit Schichtdienst eignet. Jede Frau muss dabei eine gewisse Lernphase durchmachen, wie die Temperatur auf wenig Schlaf, Alkohol, spätes Essen, Allergien, Nachtdienst reagiert. Dabei muss man gewisse Taktiken entwickeln, um auch bei Nachtdiensten auswertbare Temperaturen zu bekommen. Bei mir ist es so, dass ich ca. 3 h zuhause schlafe und dann gegen 10 Uhr messe. Die Temperatur passt gut ins Bild. An allen anderen Tage messe ich um 5.40 Uhr, auch am Wochenende. Eine geregelte Messzeit ist bei den meisten Frauen wichtig. Dadurch werden allzu große Zacken in der Kurve vermieden. Jedoch erfordert dies wiederum eine erhöhte Disziplin der Frau, jeden Morgen zur gleichen Zeit die Temperatur zu messen. Hört sich zu kompliziert an? Dazu kann man nur sagen: Es lohnt sich! Man erhält ein positives Körpergefühl und wird sich der eigenen Fruchtbarkeit bewusst. Ja sicher ist es viel einfacher jeden Tag eine Pille einzuwerfen, aber man sollte sich über die Langzeitschäden und Nebenwirkungen der Pille im Klaren sein.
Besonderheiten nach längerer Pilleneinnahme
Eine große Anzahl von NFP-Anwenderinnen hat vorher die Pille genommen oder mit anderen hormonellen Verhütungsmethoden verhütet (Nuvaring, Implanon, 3-Monats-Spritze etc.). Nach dem Absetzen von diesen Hormonen können diese immer noch „nachwirken“. Das liegt zum einen daran, dass Östrogene im Fettgewebe gespeichert und nach Absetzen der Pille nach und nach freigegeben werden können. Zum anderen könnte man sich auch vorstellen, dass der Körper, nachdem er durch die zugeführten Hormone in einen „Dornröschenschlaf“ versetzt wurde, erst wieder lernen muss, seinen Hormonspiegel selbst zu regeln. Eine typische Nebenwirkung nach dem Absetzen von Hormonen sind zum Beispiel verlängerte Zyklen. Diese können durchaus mal 2 oder gar 3 Monate oder sogar noch länger sein.
Pillen-Nachwirkungen können bis zu neun Monate nach Absetzen der Pille anhalten, man muss sich daher nicht verrückt machen, wenn die ersten Zyklen erst mal ziemlich ungewöhnlich aussehen. Auf der anderen Seite gibt es auch Frauen, bei denen gar keine Pillen-Nachwirkungen auftreten und vom ersten Zyklus an alles ganz gewöhnlich verläuft.
Aufgrund der Nachwirkungen von Hormonen gelten für NFP-Anfängerinnen nach der Pille (man spricht auch von „Post Pill“) zwei Sonderregeln:
1. Auswertung der Hochlage:
Bei der ersten Hochlage nach Absetzen der Pille muss ein zusätzlicher Tag dazugezählt werden. Das bezieht sich auf die erste Hochlage, egal ob sie nun im ersten Zyklus nach der Pille, oder erst später, stattfindet. Dieser „Post-Pill-Tag“ muss in jedem Fall hinzugenommen werden, auch wenn nach einer Ausnahmeregel ausgewertet wird.
Kann man die erste Hochlage also nach der normalen NFP-Regel (drei höhere Messungen, davon die dritte mindestens zwei Zehntel höher) auswerten, so braucht man noch einen Zusatztag, der eine höhere Messung aufweist. Insgesamt muss man also 4 Tage warten.
Kann die Hochlage nach der ersten Ausnahmeregel ausgewertet werden (der dritte Wert ist keine zwei Zehntel höher, aber man hat einen Vierten Tag, der höher ist, aber nicht unbedingt zwei Zehntel höher sein muss), so muss man auch zu diesem vierten Tag noch einen Tag dazuzählen, man muss also insgesamt 5 Tage abwarten.
2. Erfordernisse für die -8-Regel
Normalerweise braucht man 12 Zyklen, um die -8-Regel anwenden zu dürfen. Nach Absetzen der Pille muss man aber erst 15 Zyklen abwarten, um diese Regel anzuwenden. Das liegt einfach daran, dass es in den ersten Zyklen vermehrt vorkommt, dass der Eisprung erst später kommt als „normalerweise“ oder ganz ausbleibt, diese Zyklen können daher nicht „gerechnet“ werden.
Weitere Zusatzhinweise
- Ein Zyklus ist noch post-pill anzunehmen, bis die erste auswertbare Hochlage erfolgt ist. D.h. selbst wenn nach einer gewissen Zeit eine Abbruchblutung erfolgt, der Zyklus aber monophasisch verlaufen ist, dann ist der somit 2. Zyklus auch wieder post-pill.
- im ersten Zyklus nach Absetzen der Pille erfolgt ganz normal die menstruationsähnliche Entzugsblutung. Es dürfen die ersten 5 Tage noch als unfruchtbar angenommen werden.
- war der erste Zyklus monophasisch, dürfen keine unfruchtbaren Tage am Zyklusanfang des darauffolgenden Zyklus angenommen werden.
- Der Schleim kann schwer auswertbar sein, entweder gehäuft auftreten oder ganz Ausbleiben. Mehrere Schleimhöhepunkte sind nicht selten.
- Ein Menstruationskalender aus der Zeit vor der Pille ist ungültig!
Oft sind in den ersten Zyklen post-pill die Gelbkörperphasen verkürzt oder grenzwertig (Lutealinsuffizienz). Meist pendelt sich dies aber im Laufe eines Jahres wieder ein. Auf zusätzliche Hormongaben, um z.B. einen Eisprung einzuleiten, sollte verzichtet werden! Es würde sonst wieder das gesamte Zyklusgeschehen durcheinander bringen!