Bulimie ist eine Essstörung. Die Krankheit ist gekennzeichnet durch wiederholte Anfälle von Heißhunger, gefolgt von selbst herbeigeführtem Erbrechen, um eine Gewichtszunahme zu verhindern. Ausführliche Informationen über das Krankheitsbild, die Hintergründe der Erkrankung, ihre Folgen und Therapiemöglichkeiten.
Regina wunderte sich, wie schnell ihre Einkäufe aufgezehrt waren, dachte sich aber nichts dabei. Nur durch Zufall ertappte sie ihre Tochter bei einem Essanfall in der Nacht. Unter Tränen berichtet die 17-Jährige, dass sie bereits seit zwei Jahren unter so genannten Fress-Brech-Attacken litt. Reginas Tochter war an Bulimie erkrankt. Damit es Ihnen nicht so ergeht wie Regina, sollten sie sich rechtzeitig über Bulimie informieren. Was ist das für eine Krankheit, warum bemerken Angehörige sie so spät und was sind sie Ursachen?
Bulimie oder „Bulimia nervosa“ ist eine Essstörung. Die Krankheit ist gekennzeichnet durch wiederholte Anfälle von Heißhunger, gefolgt von selbst herbeigeführtem Erbrechen, um eine Gewichtszunahme zu verhindern. Offiziell leiden etwa 4 % der Frauen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren an Bulimie. Die Dunkelziffer ist aber hoch. Etwa 95% aller an Bulimie erkrankten Menschen sind weiblich. 4/5 aller Betroffenen erkranken vor dem 22. Lebensjahr. Die Bulimie beginnt im Durchschnitt später als die Magersucht und kann auch auf eine Magersucht folgen.
Essverhalten
Bulimie-Kranke erliegen anfallsartig so genannten Fressattacken, bei denen sie alles, was verfügbar ist verschlingen. Meistens wählen sie Nahrungsmittel, die sie sonst eher vermeiden, wie fett- und kohlenhydratreiche Speisen, wie Gebäck, Schokolade, Kartoffelchips oder Pudding. Bulimie-Kranke nehmen bei einem solchen Essanfall durchschnittlich 3.500 Kalorien zu sich, es können aber auch bis zu 30.000 Kalorien sein. Anschließend führen sie absichtlich ein künstliches Erbrechen herbei und nehmen Abführmitteln bzw. harntreibenden Mitteln ein. Das Erbrechen wird anfangs mit der Hand oder der Zahnbürste hervorgerufen, später ist es ein reflexhafter Vorgang, der teilweise schon durch Gedanken ausgelöst werden kann. Ess- und Brechattacken können 1-2 pro Woche bis hin zu 20 pro Tag erfolgen. In der Regel dauern sie 1-1,5 Stunden. Das Erbrechen kann auch nach einem normalen Essen erfolgen. Phasen mit geringer und stark ausgeprägter Symptomatik wechseln sich stetig ab.
Persönlichkeit und Verhalten
Bulimie-Erkrankte haben oft ein niedriges Selbstwertgefühl. Auf Außenstehende wirken sie jedoch gesund, sie scheinen ihr Leben unter Kontrolle zu haben und auch die Krankheit tritt nicht in Erscheinung. Familie und Freunde bemerken meistens nichts oder sehen erst spät, dass ein Problem besteht, denn aus Scham verheimlichen die Betroffenen ihr Ess-Brech-Verhalten selbst vor ihnen. Die Lebensmittelvorräte der Familie werden im Stillen geplündert. Damit niemand bemerkt, welche Nahrungsmengen sie verbrauchen, kaufen sie in verschiedenen Geschäften jeweils nur geringe Mengen ein. Durch das heimliche Verhalten geraten sie in eine soziale Isolation. Aber auch der seelische Druck wächst immer mehr, da sie sich niemanden mitteilen können und ihre Probleme mit sich selbst ausmachen müssen. Außerdem sind sich die Erkrankten selbst nicht sicher, ob ihr Essverhalten wirklich krankhaft ist. Meistens glauben sie, das Ess-Brechverhalten ohne Hilfe wieder in den Griff zu bekommen.
Auch finanzielle Probleme entstehen. Um die Nahrungsmittel zu finanzieren, müssen sie teilweise Schulden machen. 20 % der Bulimie-Erkrankten mussten für ihre Sucht schon einmal Nahrungsmittel stehlen. Scham- und Schuldgefühle begleiten die Erkrankten, die das Gefühl haben, ihre Anfälle nicht kontrollieren zu können. Lustempfinden und Befriedigung wechseln sich mit Niedergeschlagenheit und einem Gefühl versagt zu haben ab. Die Gefühlswelt der Bulimie-Erkrankten wird generell stark durch ihre Essstörung beeinflusst. So kann man nicht mehr genau erkennen, welche Emotionen die Erkrankung auslösen, sie aufrechterhalten oder erst durch die Erkrankung entstanden sind.
Bulimische Menschen beschäftigen sich ständig mit dem Thema Essen und Körpergewicht. In ihnen regt sich stets eine krankhafte Furcht „dick zu werden“. Zwischen den Attacken bemühen sie sich Diät zu halten oder gezügelt zu essen. Die Betroffenen verspüren daraufhin Heißhunger. Kommen dann noch Probleme oder Stress hinzu, verstärkt dies den Drang, dem Heißhunger nachzugeben. Starke Gewichtschwankungen sind die Folge des gestörten Essverhaltens. Im Durchschnitt haben Bulimie-Kranke aber meist Normalgewicht oder sogar Übergewicht.
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