Das Flugzeug gehört zu den sichersten und komfortabelsten Verkehrsmitteln. Bei keinem anderen wird so viel Wert auf Sicherheit und Service gelegt. Doch Flugangst ist weiterhin ein Thema, nicht nur für reiselustige Urlaubsflieger, sondern auch für berufliche Vielfieger. Flugangst ist ein nicht zu unterschätzendes Problem, denn die Ängste verlagern sich leicht in andere Bereiche des Alltags und schränken die persönliche Freiheit Betroffener ein.
Technische Weiterentwicklung, Statistiken und das Wissen um die Sicherheit des Fliegens helfen Betroffenen nur wenig. Auch Alkohol, Medikamente oder falsch eingesetzte Härte („Augen zu und durch“) sind kein geeignetes Mittel, Flugangst nachhaltig in den Griff zu bekommen. Hinzu kommt, dass diese passiven „Helfer“ erhebliche Nebenwirkungen haben, nichts an der Ursache ändern und die Flugangst in vielen Fällen sogar verschlimmern.
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[amazon box=“3843601895″] [amazon box=“1983094064″] [amazon box=“3734516226″]Die wichtigsten Fragen und Fakten zum Thema Flugangst haben wir nachfolgend zusammengestellt.
Welche Ursachen hat Flugangst?
Als bodengebundene Lebenwesen ist die Fliegerei für uns Menschen nach wie vor ein besonderes Ereignis. Somit ist das Phänomen, sich dem Medium Luft anzuvertrauen für manche zunächst einmal beängstigend und nur schwer vorstellbar.
Bei mehr als zwei Dritteln Betroffener gibt es keinen konkreten Auslöser für die Flugangst. Die Angst hat sich langsam aber stetig entwickelt und wurde im Laufe der Zeit stärker und belastender. Stress und Angst liegen eng beieinander. Ein erhöhtes Erregungsniveau bei Stress bietet einen idealen Nährboden für eine intensive(re) Angstreaktion, während dieselbe Situation in entspannterem Zustand vielleicht nur geringes Unbehagen bereitet hätte. Flugangst kann auch die Ausweitung einer bestehenden bzw. bekannten Angstproblematik (Agoraphobie, Klaustrophobie, Höhenangst, u. a.) darstellen. Eine zweite Gruppe hat schon einmal ein subjektiv negatives Ereignis vor oder während eines Fluges miterlebt und seit dieser Zeit als „gefährlich“ abgespeichert. In der Folge kommt es zur Vermeidungshaltung, die jedoch bewirkt, dass sich die Ängste noch weiter festigen können. Die kleinste Gruppe Betroffener ist noch nie geflogen und hat Angst vor dem Unbekannten. Hinzu kommt häufig die Angst vor der unüberschaubaren Technik, deren Beherrschung wir einigen wenigen Spezialisten anvertrauen müssen. Damit ist ein weiterer, wesentlicher Angstauslöser genannt: die Angst vor dem Verlust der eigenen Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit. Nicht umsonst leiden viele beruflich erfolgreiche Menschen an Flugangst, die im Alltag gewohnt sind, Entscheidungen zu treffen.
Wer ist von Flugangst betroffen?
Verschiedene, repräsentative Umfragen haben ergeben, dass sich ein Drittel bis die Hälfte aller Flugpassagiere im Flugzeug unwohl fühlt, manche leiden unter starken Angst- oder Panikzuständen. Rund 10% der Bevölkerung sind aufgrund ihrer Flugangst noch nie geflogen. Flugangst ist in allen Altersgruppen und Bevölkerungsschichten zu beobachten. Männer und Freuen sind gleichermaßen betroffen, allerdings hat sich gezeigt, dass Frauen zeitlich früher gegen die Problematik vorgehen.
Wie äußert sich die Flugangst und was kann ich dagegen tun?
Symptome der Flugangst lassen sich auf drei Ebenen beschreiben:
- Ebene der Gedanken und Gefühle (negative Gedanken, Katastrophenphantasien)
- Körperliche Ebene (Muskelverspannungen, Verkrampfungen)
- Verhaltensebene (Flucht, Vermeidung)
Daher ist es entscheidend, bei der Angstbewältigung auch auf diesen drei Ebenen anzusetzen:
- Ebene der Gedanken und Gefühle: Häufig zeigt sich die Angst darin, dass Betroffene sich Katastrophenszenarien ausmalen und sich so selbst entmutigen. Es kommt darauf an, zu einer realistischen Einschätzung der Situation zu kommen, mit anderen Worten irreale Phantasien auf Faktenwissen zu reduzieren. Die Lösung heißt Information und Aufklärung. Wenn Sie Hintergründe zu Flugabläufen, Geräuschen und Sicherheit kennenlernen, werden Sie bestimmte Situationen neu und richtig einordnen und verstehen und damit gelassener mit dem Fliegen und dem Verkehrsmittel Flugzeug umgehen.
- Körperliche Ebene: Angst und Stress aktivieren eine Menge verschiedener Körperfunktionen. die Sie zum Beispiel in Form einer beschleunigten Atmung, einem Unwohlsein oder einer verspannten Muskulatur erleben. Dieser Zusammenhang lässt sich gezielt nutzen: Körperliche Entspannung und ein intensives Angsterleben sind unvereinbar. Indem Sie Ihre Muskeln entspannen, entspannt sich gleichzeitig auch Ihr Geist. Genau das ist das Ziel der Progressiven Muskelentspannung. Hier ein kurzer Einblick: Spannen Sie alle Muskeln Ihres Körpers gleichzeitig an und halten die Anspannung einige Sekunden. Dann nehmen Sie ganz plötzlich die Spannung weg und lockern die Muskeln. Diesen angenehmen Entspannungszustand können Sie dann ganz bewusst wahrnehmen und bei Bedarf die Übung wiederholen. Auch durch das richtige Atmen lässt sich der Erregungszustand des Körpers gut beeinflussen. Hastiges und kurzes Ein- und Ausatmen verstärkt die Anspannung, tiefe, langsame Bauchatmung entspannt. Achten Sie zudem darauf, dass Sie lange ausatmen und Atempausen machen!
- Verhaltensebene: Die Lösung heißt hier: Konfrontation statt Vermeidung. Die Auswirkung von Flugangst auf das Verhalten besteht meist darin, das Fliegen zu vermeiden. Dies ist verständlich, führt aber nicht zu einer Lösung. Sie schränken Ihren Lebensraum ein und riskieren, dass die Angst sich auch auf andere Bereiche ausweitet. Die beste Lösung ist demnach eine Therapie, die auf allen drei Ebenen ansetzt, und somit nachhaltig hilft, die Flugangst in den Griff zu bekommen.
Gibt es Tipps, die mir vor oder während eines Fluges helfen können?
- Gehen Sie Ihre Flugreise möglichst stressfrei an. Nutzen Sie den Web-Check-In, den viele Fluggesellschaften anbieten und kommen Sie pünktlich zum Flughafen.
- Wenden Sie sich beim Einsteigen an die Flugbegleiter. Fragen Sie, ob es möglich ist, vor dem Start einmal die Piloten kennenzulernen. Das schafft Vertrauen und lässt Sie nicht „allein“ an Bord sein.
- Trinken Sie im Flugzeug viel Wasser, Säfte, usw., aber möglichst keinen Alkohol oder Kaffee
- Nehmen Sie ein spannendes Buch mit. Noch besser sind Hörbücher, die sowohl akustisch als auch gedanklich ablenken.
- Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Sitznachbarn.
- Übrigens: Alkohol und Medikamente stellen auch eine Art der Vermeidung dar. Sie verstärken den empfundenen Kontrollverlust und können zu einer Festigung bzw. Verstärkung der Angst führen.
Sind eher Frauen oder Männer von Flugangst betroffen?
Frauen und Männer sind gleich häufig betroffen. Allerdings nehmen an Seminaren mit zwei Dritteln mehr Frauen als Männer teil. Grund hierfür ist, dass Frauen offener und vielleicht offensiver mit der Problematik Angst umgehen und früher die Entscheidung treffen, aktiv zu werden, um professionelle Hilfe zur Bewältigung in Anspruch zu nehmen.
Welche Altersgruppe ist am häufigsten von Flugangst betroffen?
Die Mehrzahl der Teilnehmer ist im Alter zwischen 25 und 50 Jahren, die größte Altersgruppe machen die 30- bis 40-jährigen aus. Untersuchungen belegen, dass diese Altersgruppen dem größten Stress ausgesetzt sind bzw. am stärksten motiviert sind, etwas gegen ihre Angst zu unternehmen. Die jüngste Teilnehmerin bisher war zehn, der älteste 78 Jahre alt.
Welche Flugsituationen lösen die meiste Angst aus?
Häufig genannte, unangenehme Flugsituationen sind: Wettereinflüsse (Turbulenzen, Wind), Start- und Landung, sowie das Gefühl des Ausgeliefertseins und des Kontrollverlustes.
Unterscheiden sich die körperlichen Angstsymptome bei Männern und Frauen?
Die alljährliche „Studie Flugangst“ des Deutschen Flugangst-Zentrums zeigt, dass Frauen Schwindel, Herzrasen und Magenbeschwerden als häufigste Symptome beschrieben. Bei den Männern sind es Schweißausbrüche, Muskelverspannungen und Atembeschwerden. (siehe dazu auch die Ergebnisse unserer aktuellen Studie)
Gibt es Medikamente, die bei Flugangst helfen?
Medikamente gegen Flugangst sind keine Lösung. Der Einsatz von Tabletten gegen Flugangst kann sogar gegenteilig wirken, das heißt, Ängste bzw. Angstsymptome erst auslösen oder noch verschlimmern. Hierfür gibt es mehrere Gründe: Flugangst ist keine Krankheit im eigentlichen Sinne, also können Medikamente nicht zur Heilung, sondern allenfalls zum Zweck der körperlichen Beruhigung eingesetzt werden. Flugmedizin ist jedoch ein überaus sensibler Bereich. Gerade stark wirkende Präparate zur Beruhigung, wie sie in Fällen von Flugangst leider häufig verschrieben werden, bedürfen einer ständigen Kontrolle. Der Luftdruck an Bord ist geringer, als am Boden, daher stellt sich bei Betroffenen ein völlig anderer Wirkmechanismus ein, der entweder zu früh, zu spät oder gar nicht erfolgt. Hinzu kommt, dass man durch die relativ trockene Luft im Flugzeug automatisch mehr trinkt. Die Wirkstoffe einer Tablette sind also viel schneller ausgeschieden, als erhofft und erwartet.
Der wesentlichste Einwand gegen medikamentöse Behandlung überhaupt besteht in dem Aspekt der Abgabe von Selbstverantwortung. Das Wahrnehmen und Zulassen der eigenen Körperreaktionen und das Erlernen ihrer Steuerung sollte im Zentrum einer dauerhaft wirksamen – weil vom Betroffenen selbst einsetzbaren – Therapie stehen.
Eine US-amerikanische Studie hat gezeigt, dass einige homöopathische Präparate aus der Angstherapie, richtig angewandt, eine positive unterstützende Wirkung bei Flugangst zeigen.
8 weitere Tipps: Was kann man dagegen tun?
1. Nutzen Sie, gerade bei frühen Abflügen, den Vorabend- oder den so genannten Web-Check-In über das Internet. So können Sie am Abflugtag ein wenig länger schlafen, kommen nur mit Handgepäck zum Flughafen und haben bereits Ihren Sitzplatz. Wichtig hierbei: Medikamente, die Sie regelmäßig einnehmen, gehören ins Handgepäck!
2. Die ruhigsten Plätze in einem Flugzeug befinden sich in den vorderen Reihen bis hin zur Tragflächenmitte. Hier ist es leiser und man spürt mögliche Flugbewegungen nicht so stark. Fast alle Fluggesellschaften haben auf Ihren Internetseiten Grundrisszeichnungen der jeweiligen Flugzeugtypen.
3. An Bord gibt es, je nach Streckenlänge, ein mehr oder weniger umfangreiches Angebot an Musik-, Computerspiel- und Filmprogrammen. Wem das nicht reicht, der sollte ein Hörbuch zum Zeitvertreib mitnehmen. Hörbücher haben den Vorteil, dass sie sowohl akustisch ablenken, als auch zum Nachdenken anregen.
4. Suchen Sie sich für den Flug bequeme, weite Kleidung aus. Ohne einengende Kragen und zugeschnürte Gürtel fliegt es sich einfach besser.
5. Trinken Sie viel, denn die Luft an Bord ist recht trocken. Empfehlenswert sind stilles Wasser oder Säfte. Alkohol – in Maßen genossen – ist übrigens vollkommen in Ordnung. Nur übertreiben sollten Sie nicht. Das heißt: Ein Glas Sekt oder Bier vor oder nach dem Start zum Auftakt eines schönen Urlaubs – nicht zur Angstbekämpfung! – wirkt durchaus entspannend.
6. Sie müssen nicht während der gesamten Flugzeit sitzen bleiben. Tun Sie Ihrem Körper im Allgemeinen und Ihren Venen im Besonderen etwas Gutes, und laufen Sie, sobald die Anschnallzeichen ausgeschaltet sind, mehrmals durch den Flieger. Wer zu schüchtern ist, sollte Dehn- und Streckübungen im Sitz durchführen, damit die Venendurchblutung angekurbelt wird. Am einfachsten: Ferse auf den Boden, Zehen in die Luft, zehn Sekunden halten, dann von hinten nach vorn den Fußballen abrollen. Das ganze dreimal hintereinander wiederholen.
7. Es gibt eine kleine Auswahl homöopathischer Präparate, die bei Flugangst unterstützend helfen. Ihr Vorteil: Sie haben keine Begleiterscheinungen und wirken symptomatisch – eine Tatsache, die gerade bei Angstzuständen erwünscht ist. Bei körperlicher Unruhe und Engegefühlen kann Aconitum wirken. Borax eignet sich bei Unwohlsein und Turbulenzen. Betroffene sollten Globuli in der Dosierung C30 wählen. Ihre Apotheke berät Sie gern.
8. Auf Medikamente gegen Flugangst sollten Sie verzichten, denn Arzneimittel können an Bord völlig anders wirken, als am Boden. Zum anderen besitzen dämpfende, beruhigende Mittel nicht zu unterschätzende Nebenwirkungen, vielfach besteht auch das Risiko der Abhängigkeit. An diese Information sollten auch Hausärzte denken. Flugangst ist keine Krankheit, deshalb bleiben Medikamente ursächlich wirkungslos.