Die Haut gilt als Spiegel der Seele. Glück, Unzufriedenheit, Sorgen oder Stress – unsere Haut zeigt deutlich, wie wir uns gerade fühlen. Umgekehrt belasten Hautprobleme die Psyche.
Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft fand heraus, dass schwere Hauterkrankungen die Lebensqualität ähnlich stark einschränken wie Herzkrankheiten oder Diabetes.
Viele Personen, die an einer Hautkrankheit leiden, ziehen sich von ihrer Umwelt zurück, werden depressiv, beschäftigen sich mit Selbstmordgedanken oder versuchen ihren seelischen Schmerz mit Alkohol zu betäuben. Hauterkrankungen, die für die Betroffenen eine schwere psychische Belastung bedeuten, sind unter anderem: Akne, Neurodermitis, Schuppenflechte oder Nesselsucht. Doch womit genau haben die Betroffenen zu kämpfen?
Stigmatisierung der Gesellschaft
Natürlich belasten die körperlichen Beeinträchtigungen einer Hauterkrankung die Betroffenen. Doch Hautabschuppung, Juckreiz oder Schmerzen plagen sie weniger als die Reaktionen Anderer auf ihr Leiden. Die soziale Diskriminierung gilt als Hauptproblem der Erkrankung.
Das äußere Erscheinungsbild spielt für das psychische Wohlbefinden eine große Rolle. Wer sich schön fühlt, tritt im Alltag besser gelaunt, selbstbewusster, kontaktfreudiger und zuversichtlicher auf als jemand, der sein Äußeres nicht mag. Besonders eine reine Haut gilt als Zeichen von Attraktivität, Erotik und Anziehung. Cremes werben für eine “glatte Haut wie ein Babypopo” und Make-Ups, die jede Unebenheit abdecken, sollte am besten jeder in seiner Tasche haben. Hautveränderungen gelten als Makel. Sie beeinflussen somit das Selbstbild des Erkrankten, als auch das Bild, das sich die Umwelt von ihm macht, negativ.
Schönheit und Attraktivität stehen im Zusammenhang mit Akzeptanz und Annerkennung. Personen mit einem Hautproblem müssen dies entbehren und haben daher ein geringes Selbstwertgefühl. Sie erleben ihre Erkrankung als Stigmatisierung und fühlen sich wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes von der Gesellschaft ausgegrenzt. Da sie Angst haben, durch ihre Hauterkrankung bei ihren Mitmenschen Neugier, Abscheu, Ekel, Ablehnung oder Furcht vor Ansteckung auszulösen, ziehen sie sich selbst immer mehr zurück. Besonders Personen, deren Hautveränderungen an Gesicht und Händen erkennbar sind, leiden schwer. Alltägliche Situationen wie einkaufen oder zur Begrüßung die Hände schütteln, werden zur Qual. Betroffene sind besonders sensibilisiert für die Blicke ihrer Mitmenschen und erleben schon das Wegschauen anderer als Zurückweisung.
Rückzug und Selbstisolation
Viele Erkrankte meiden aus Scham lieber gleich Kontakte mit anderen Menschen und isolieren sich damit selbst. Sie gehen nicht ins Schwimmbad, ins Restaurant, Kino und besuchen keine Feste oder Partys. Sie tragen keine kurze Sommerkleidung und besuchen lieber nicht den Friseur. Sie verzichten also auf alles was Menschen Freude bereitet und zu ihrer inneren Zufriedenheit beiträgt. Die Lebensqualität sinkt. Minderwertigkeitsgefühle nehmen zu. Die Betroffenen lehnen sich immer mehr selbst ab und erwarten geradezu die Ablehnung anderer.
Bedürfnis nach Zärtlichkeit
Jeder Mensch sehnt sich nach liebevollen, herzlichen Berührungen. Sie vermitteln eine enge Beziehung zwischen dem Berührenden und dem Berührten, spiegeln Zuneigung und Vertrauen zwischen ihnen wider. Die Haut übermittelt also Botschaften der Zärtlichkeit, wie es Worte niemals vermögen. Menschen fühlen sich daher oft nicht geliebt, wenn diese Berührungen in ihrem Leben zu kurz kommen oder ganz ausbleiben. Die Seele zerbricht und sie werden psychisch krank.
Bei hautkranken Personen wird das Bedürfnis nach Berührungen als Ausdruck von Zärtlichkeiten leider oft nicht ausreichend gestillt. Für sie gestaltet sich die Partnersuche in einer Gesellschaft, die sehr auf Äußerlichkeiten fixiert ist, als schwierig. Besonders wenn sie sich selbst nicht schön finden und glauben, auf andere abstoßend zu wirken, trauen sie sich nicht, andere Personen anzusprechen. Wer Kontakte meidet, kann aber nicht darauf hoffen, sein Liebsglück zu finden. Auch der Austausch von Zärtlichkeiten innerhalb einer Beziehung leidet unter den Ängsten des Erkrankten. Hauterkrankte klagen oft über ein gehemmtes Sexualleben.
Ein Teufelskreis
Die genannten Faktoren üben auf Menschen mit Hauterkrankungen einen schweren psychischen Druck aus. Doch wer Ängste und Depressionen entwickelt, setzt seine Heilungskräfte nicht in Gang, sondern verstärkt die Erkrankung oft noch. Der seelische Zustand einer Person kann einen großen Einfluss auf seine Hauterkrankung haben. Mediziner vermuten sogar, dass psychische Probleme die Ursache für viele Hauterkrankungen sind. Auf jeden Fall aber spielt die Psyche für den Verlauf und die Verarbeitung der Krankheit eine entschiedene Rolle. Hautkranke, die sich um ein positives Krankheitsverständnis bemühen, gelingt es eher eine Gesundung zu erzielen und erleiden weniger Rückfälle.
Psychotherapie für Menschen mit Hauterkrankungen
Sie können Auslöser, Verstärker oder Folge einer Hauterkrankung sein. Neben passender dermatologischen Behandlungen ist es also wichtig, die Betroffenen auch psychotherapeutisch zu betreuen.
Spannungen abbauen und sich wertschätzen
Durch die Psychotherapie sollen die Betroffenen lernen, Spannungszustände und Stress abzubauen, sich selbst zu akzeptieren und gefallen und sich gedanklich nicht mehr auf die Haut zu fixieren. Bestandteile der Psychotherapie für Hautkranke können Verhaltenstherapie, Gestaltungstherapie, Bewegungtherapie – z.B. Tai Chi oder Qui Gong und Entspannungtherapie – z.B. Autogenem Training oder Muskelentspannung nach Jacobson sein.
Verhaltensweisen ändern
Therapeuten können den Hautpatienten den Zusammenhang zwischen ihren Emotionen und Verhaltensweisen zeigen. Erkrankte erkennen dann, welche Faktoren Krankheitsschübe begünstigen oder hervorrufen. Negative Verhaltensweisen – wie z.B. kratzen – können besser kontrolliert oder sogar durch alternative Verhaltensweisen überwunden werden.
Mit den Reaktionen der Umwelt fertig werden
Die Psychotherapie zeigt den Betroffenen, was sie negativen Reaktionen entgegen setzen können. Sie lernen, mit ihrer sichtbaren Hauterkrankung bei einem Bewerbungsgespräch oder anderen Situationen umzugehen und entwickeln Strategien, wie sie ihre Krankheit anderen am besten erklären können.
Psyche und Hauterkrankung – Zusammenhang verstehen
Damit eine Psychotherapie für Menschen mit Hauterkrankungen überhaupt sinnvoll ist, müssen die Patienten bereit sein, die Beziehung zwischen ihrer Psyche und ihrer Erkrankung zu verstehen. Das ist für sie häufig nicht leicht, da eine Hauterkrankung für sie klar als körperliche Erkrankung auftritt. Oft sind sie daher weder für eine psychische Ursachenanalyse, noch für die Bewältigung der psychischen Folgen ihrer Erkrankung motiviert. Doch eine Psychotherapie wirkt auf den Verlauf einer Hauterkrankung auf jeden Fall positiv: Häufigkeit und Heftigkeit der Krankheitsschübe können verringert werden.
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