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Falsche Diagnose bei Schmerzpatienten

Eine Studie des Universitätsklinikums Mainz über psychosomatische Schmerzpatienten, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurde, belegt: Bis Ärzte psychische Ursachen als Auslöser für chronische Schmerzen erkennen, vergehen im Schnitt sieben bis acht Jahre – dahinter verbirgt sich eine Ärzte-Odyssee, die immense Kosten verursacht.

Untersucht wurde der ärztliche Konsultations- und Behandlungsprozess von 280 Patienten mit psychisch verursachten, stressbedingten („somato-formen“) Schmerzzuständen, mithin die weltweit größte systematische Stichprobe be diesem Krankheitsbild. Ergebnis: Patienten, die unter starken Schmerzen litten benötigten im Mittel sieben bis acht Jahre, bis ihre Diagnose gesichert war. In dieser Zeit suchten die Betroffenen durchschnittlich elf verschiedene Behandler auf (Spitzenreiter: 83), wobei 38 Prozent zwischenzeitlich sogar vergeblich einen auf Schmerzen spezialisierten Fachmann konsultiert hatten. 85 Prozent der erwerbstätigen Patienten waren wegen der Schmerzsymptomatik im Schnitt 20 Wochen krank geschrieben, acht Prozent bereits berentet. 82 Prozent nahmen Schmerzmittel ein, ohne eine wesentliche Linderung zu erfahren. 59 Prozent der Patienten hatten sich wegen ihres Leidens bereits stationär ins Krankenhaus begeben – durchschnittlich sechs Wochen.

Im Rahmen der Studie wurde gleichzeitig eine spezielle Gruppenpsychotherapie entwickelt. 150 Patienten mit stressbedingten Schmerzstörungen nahmen an der sechsmonatigen ambulanten Psychotherapie teil – mit gutem Ergebnis: 60 Prozent berichteten von einer deutlichen Besserung bis hin zu vollständiger Schmerzfreiheit.

Immense Kosten durch falsche Behandlung

Fazit des Studienleiters Professor Dr. Ulrich Egle von der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Interdisziplinäres Schmerztherapie-Zentrum am Universitätsklinikum Mainz: „Psychosomatisch bedingte Schmerzen werden häufig übersehen und verursachen dadurch erhebliche Kosten im deutschen Gesundheitswesen.“

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Dr. Johannes Kruse vom Universitätsklinikum Düsseldorf. „Ein Drittel der Patienten eines Hausarztes leiden unter psychischen und psychosomatischen Störungen.“ Hausärzte seien damit für diese Patientengruppe die erste Anlaufstelle. Aber nur 50 Prozent der psychosomatischen Störungen, so Kruse, würden vom Hausarzt erkannt.

Nur 1,8 Minuten Redezeit beim Hausarzt – Ergebnis: falsche Diagnose

Eine in 2004 veröffentlichte Studie des Universitätsklinikums Düsseldorf geht dem ärztlichen Versagen auf den Grund. Bei der „Düsseldorfer Hausarztstudie“ wurden 500 Patientenkontakte in 18 Praxen untersucht. Ergebnis: Hausärzte, die psychosomatische Störungen übersehen, geben ihren Patienten im Durchschnitt nur 1,8 Minuten Redezeit, kontrollieren den Dialog mit ihrem Klienten sehr stark. Hausärzte, die psychosomatischen Störungen auf die Spur kommen, gewähren dem Patienten hingegen 3,5 Minuten Redezeit, überlassen dem Hilfesuchenden damit häufiger die Gesprächsgestaltung. „Hier erhalten die Patienten überhaupt erst die Gelegenheit, psychosoziale Probleme wie Ehescheidung, Trennung, häusliche Gewalt anzusprechen“, bilanziert Johannes Kruse. „Die Qualität der Diagnostik hängt damit unmittelbar von der Arzt-Patienten-Interaktion ab. Ärzte-Schulungen würden die hausärztliche Diagnostik verbessern.“

Zum Schluss die gute Kongress-Nachricht: Im europäischen Vergleich schneidet die deutsche Psychosomatik bzw. Psychotherapie gut ab. „Die Versorgung im Vergleich zu England und der Schweiz ist deutlich befriedigender, das zeigen verschiedene Studien“, so Hans-Christian Deter. „In der Schweiz oder England gibt es beispielsweise keine eigenständige Facharztausbildung in diesem Bereich.“ So sei es erwiesen, dass in Deutschland die psychosomatische Behandlung von Patienten, die unter Reizdarm oder Morbus Crohn leiden, Kosten sparen hilft. „Jetzt kommt es darauf an, die besseren Standards auf europäischer Ebene zu verankern.“

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